Post und Bahn


Die Bahnpost in Kassel (Zeittafel)

1850 "Post goes Bahn". In diesem Jahr mietete die Post erstmals Räume im Kassler Bahnhof an.
1879 Das Bahnpostamt 26 Kassel wird eingerichtet. Man fährt auf den Hauptstrecken nach Frankfurt und Bebra. Später folgen die Strecken nach Waldkappel, Altenbeken, Volkmarsen/Marburg, Bebra/Eisenach, Karlshafen, Oberhausen, Eichenberg/Göttingen und die Strecke Göttingen-Bebra-Frankfurt (Nord-Süd-Strecke).
1902 Das Postamt Cassel 2 wird in den Südflügel des Hauptbahnhofes verlegt
1906
Die Dienststelle am Hauptbahnhof erhält den Namen Cassel 7. Das Postamt 2 wird in den Neubau an der Hohenzollernstraße verlegt.
1915 Im Zuge der Bahnhofserweiterung wird auch eine neue Verladeanlage mit 5 Gleisen geschaffen.
1920-1930

In diesem Zeitraum wird die innerstädtische Postbeförderung mit drei posteigenen Straßenbahnen durchgeführt. Sie verkehren vom Postamt am Hauptbahnhof zu den Ämtern in der Hohenzollernstraße, am Königsplatz, in Rothenditmold, in Niederzwehren, Wilhelmshöhe und Bettenausen. Das Bild (aus [1]) zeigt einen Straßenbahnwagen für Postbeförderung vermutlich vor dem Südflügel des Hauptbahnhofes (dort, wo heute der Aufstellplatz für die Busse ist). Nach nur zehn Jahren werden die Straßenbahnen von Lastkraftwagen abgelöst. Bild 2 zeigt ebenfalls eine Post- Straßenbahn (Quelle: KVG)

1925 Bahnpostamt Cassel 26 (ab 1926 Kassel 26) betreibt verschiedene Kraftpostlinien (Kassel-Warburg, Kassel-Fritzlar, Kassel-Bad Wildungen)
1940 Im Rangierbahnhof (zwischen den Gleisen 80 und 81) wird eine Holzbaracke für die Päckchenleitstelle gebaut.
1944 Das Bahnpostamt verliert seine Selbstständigkeit und wird eine Abteilung des Postamtes 1
1956 Das Bahnpostabteilung erhält die Bezeichnung "Bahnpost 19a".
1961 Die Postleitzahlen kommen, und mit ihnen die Rationalisierung.
1962
Die Paketumschlagstelle erhält eine teilmechanisierte Paketförder- und Verteilanlage
1967 Kassel- Korbach- Marburg wird "verkraftet".
1968 Das Postamt 13 zieht innerhalb des Hauptbahnhofes um: es verläßt einen Kiosk auf dem Querbahnsteig und residiert nun auf einem "Balkon" in der Schalterhalle.
Mit dem Umbau zum Kulturbahnhof Mitte der Neunziger Jahre verschwand auch diese baulich interessante Lösung.

Die Bahnpostabteilung bekommt eine neue Bezeichnung: "Bahnpost 6 ks"

Kassel- Eschwege wird "verkraftet".


Mit dem D671 "Senator" wird Kassel an das Nachtluftpostnetz angeschlossen. Die Beladung der beiden Postwagen ist beendet, der Lokführer hat soeben den Abfahrauftrag erhalten. Kassel Hbf, 14.3.1978
Anfang der siebziger Jahre begann die Deutsche Wirtschaft immer mehr Wert auf Schnelligkeit in der Brief- und Paketbeförderung zu legen. Der Begriff E + 1, d. h. Zustellung einen Tag nach Einlieferung, erhielt immer mehr Gewicht. Um dieser Forderung, die durch aufkommenden Wettbewerb im Paketdienst verstärkt wurde, nachzukommen, führte die DBP das Transportketten- Behältersystem ein und verlagerte den Transport zunehmend von der Schiene auf die Straße, denn die Schiene konnte immer weniger die Anforderungen nach schnellen Verkehrsrelationen erfüllen.
Nach Bearbeitung wurden die Pakete oder Briefbeutel in Rollbehälter gestapelt und diese in die Kfz bzw. Güterwagen verladen. Dies erbrachte neben Zeitersparnis auch eine Reduzierung an Handlings und damit von Personal. Diesem System wurde das Postamt Kassel am 28.10.74 angeschlossen.

Mit dem etappenweisen Bezug des Neubaus Postamt 1 in der Unteren Königsstraße in 1975 erfolgte die Verlagerung der Briefbearbeitung im Abgang vom 1. OG. im Südflügel des Hbf in das neue Betriebsgebäude. Am Hbf wurden mit rückläufiger Tendenz von der Dienststelle Postumschlag/Postaustausch nur noch fertige Briefbeutel im Durchgang für oder von Bahn-posten umgeschlagen.

Auch der Paketdienst arbeitete nach dem Motto: "So viel Schiene wie möglich, so viel Straße wie nötig!" Doch war eine Verlagerung zu Gunsten der Straße unverkennbar. Fernstraßenposten Kassel -> Hamburg, Hannover, Köln und Frankfurt machten die Anmietung einer Lagerhalle auf der Nordseite des Hbf zum Abstellen der Rollbehälter bis zur Verladung erforderlich.

Kassel Hbf, 11. Juli 1978: der D576wird mit Post und Gepäck beladen.
Zwei Tage später das gleiche Schauspiel am Gegenzug D577.
1979 Zur Beseitigung von räumlichen Engpässen mietet die Post die ehemalige Triebwagenhalle am südlichen Rand des Gleisvorfeldes an. Diese Halle beherbergt heute wieder die Triebwagen der Regionalbahn.
Mit den politischen Zielen der Postreformen I und II begann Mitte der achtziger Jahre unter dem Bundespostminister Dr. Schwarz-Schilling eine grundlegende Strukturänderung von der hoheitlichen Betriebsverwaltung DEUTSCHE BUNDESPOST in eigenständige Unternehmen wie Deutsche Telekom, Deutsche Post - Postdienst und Deutsche Post - Postbank, letztere sind heute neben anderen fusionierten Unternehmen in der Aktiengesellschaft Deutsche Post World Net zu einem weltweit operierenden Logistic- und Finanzdienstleistungskonzern zusammen geschlossen.

Die Änderung von 4-stelligen auf 5-stellige Postleitzahlen zum 01.07.93 war durch die Wiedervereinigung Deutschlands notwendig geworden, um Überschneidungen mit den Postleitzahlen der DDR zu verhindern und die Sendungen eindeutig und zielgerichtet zu befördern.

Die Inbetriebnahme der ICE-Strecke zum Fahrplanwechsel Ende Mai 1991 zog weitere Verkehrsmengen vom Hbf ab, um die schnellfahrenden Postexpresszüge zur Briefbeförderung zu nutzen.

Zum Fahrplanwechsel Mai 1995 stellte die DBP die Briefbeförderung auf der Schiene vollends ein und hatte diese ausschließlich auf Kfz verlegt. Mit Aufgabe der Postbeförderung auf der Schiene gingen am Hauptbahnhof (jetzt: Kulturbahnhof) und am ICE-Bahnhof Wilhelmshöhe postalisch endgültig die Lichter aus.

Die ehemalig selbständige Bahnpostdienststelle 6 ks war zunächst dem PA Kassel 1 und dann im Zuge der Neuorganisation des Postbeförderungsdienstes dem Bahnpostamt Hannover angegliedert worden. Die Bahnpostfahrer aus Kassel wurden nach Hannover versetzt, behielten aber ihren Dienstort Kassel. Im Zuge des Personalabbaus in Hannover bzw. Personalbedarf in Kassel waren Rückversetzungen gegeben. Im Frühjahr 1995 kehrten die letzten Kräfte zum Postamt Kassel zurück.

Mit der Wiedervereinigung Deutschlands verlor Kassel als Auswechselungsamt für Paketsendungen nach und aus der ehemaligen DDR wesentliche Verkehrsmengen aus dem Badischen Raum. Diese Sendungen wurden jetzt direkt auf die Empfangsstellen geleitet.

Die seit Jahren unzureichenden betrieblichen Verhältnisse am Hauptbahnhof waren allseits bekannt. Die Arbeitsbedingungen für das Personal im Sinne der fortschreitenden ergonomischen Gestaltung von Arbeitsplätzen einfach nicht mehr akzeptabel. Dieser Zustand führte seit 1985 zur Einsetzung einer Arbeitsgruppe Neubau Postbahnhof Kassel, der nicht unbedingt am Hauptbahnhof errichtet werden muss.

Mit der Unternehmensentscheidung zur grundsätzlichen Neuordnung des Frachtdienstes in 1989 war die Planung mit Schiene am Hauptbahnhof obsolet. Die Straße hatte zu Lasten der Schiene gesiegt. Als Paketbearbeitungsstelle entstand ein vollkommen neues Frachtzentrum in Staufenberg (Lutterberg) ohne Gleisanschluss.

Am 14.10.94 zog der Paketabgang und am 01.03.95 der Paketeingang in das neue Betriebsgebäude um.

Die früher verbundenen Betriebssparten: Annahme/Schalter (heute: Filialen), Brief und Paket sind heute eigenständige Organisationsstrukturen. Nach einer Übergangszeit ab 1994, in der die neuen Organisationseinheiten den Betrieb aufnahmen, wurde das Postamt Kassel zum 01.01.96 aufgelöst. Als Nachfolger entstand die Niederlassung Briefzentrum Kassel, die Niederlassung Frachtpostzentrum Staufenberg ist eine Neugründung und die Niederlassung Filialen Bad Hersfeld trat die Nachfolge des Postamtes Bad Hersfeld an.

1991 Der neue Bahnhof Wilhelmshöhe geht in Betrieb. Auf der Westseite befindet sich eine Halle für den Paketumschlag.
1996 Der Bahnpostverkehr wird eingestellt. Die Anlagen am Hauptbahnhof werden vollständig abgebaut, die Halle in Wilhelmshöhe einer anderen Nutzung zugeführt.
Blick auf den Südflügel des Hauptbahnhofes: links die PKW- Parkplätze für Reisende und Mitarbeiter, in der Mitte die Aufstellfläche für die Regionalbusse. Der flache Anbau wurde 1996 entfernt, die Überdachung im Hintergrund ist noch teilweise erhalten. (Foto: Wenzel)

Literatur

[1] Postamt Kassel 1 , Festschrift zur Eröffnung des neuen Postgebäudes in Kassel am 20. Februar 1975
[2] Hessische Postgeschichte, Heft 25/1980


Waldemar Ulm, Volker Credé - im Dezember 2001